
So gelingt das Stillen - Häufige Fragen rund um den Stillbeginn – Hebamme Yvonne
Der Start in die Stillzeit ist für viele frischgebackene Eltern eine aufregende, aber auch herausfordernde Phase. Gerade in den ersten Tagen nach der Geburt tauchen zahlreiche Fragen auf: Wie oft soll mein Baby gestillt werden? Woran erkenne ich, dass es genug Milch bekommt? Und was tun, wenn das Stillen schmerzhaft ist? Hebamme Yvonne, mit ihrer langjährigen Erfahrung und Fachkompetenz, gibt wertvolle Antworten und erklärt Schritt für Schritt, wie der Stillbeginn erfolgreich und entspannt gestaltet werden kann. Mit praktischen Tipps und hilfreichen Ratschlägen unterstützt sie dabei, Unsicherheiten zu nehmen und die Stillzeit von Anfang an positiv zu erleben.
Was kann ich tun, damit das Stillen gut klappt?
Die ersten Tage und Wochen nach der Geburt sind entscheidend für den langfristigen Stillerfolg: je besser Mutter und Baby von Beginn an beim korrekten Anlegen an der Brust unterstützt werden, desto besser. Nach der Geburt sollte das Baby so bald als möglich ausgiebig an der Brust saugen.
Ab der 12. Lebensstunde soll das Neugeborene 10- bis 12-mal in 24 Stunden gut und kräftig an der Brust trinken. Diese häufige Frequenz regt die Milchbildung bei der Mutter an. In den ersten Tagen bekommt das Baby Kolostrum (eine dickflüssige, oft gelbliche Milch die reich an Eiweiß, Abwehrstoffen, Vitaminen und Mineralstoffen ist). Eine Stillmahlzeit in der ersten Zeit dauert 20-40 Minuten (oder auch länger). Neben der Nahrungsaufnahme stillt das Baby so sein Saugbedürfnis und sein Bedürfnis nach Nähe und Geborgenheit.
Rund um den 3. Wochenbetttag kommt es zum Milcheinschuss. Ab diesem Tag steigt die Milchmenge stetig an – vorausgesetzt die Milch wird auch benötigt! Die Brust passt sich an das Baby an: es gilt Angebot und Nachfrage. Dem entsprechend können auch Zwillinge problemlos voll gestillt werden, vorausgesetzt die mütterliche Milchbildung wird durch häufiges korrektes Anlegen und/oder Pumpen angeregt. Zu frühes/häufiges Zufüttern sollte vermieden werden bzw. stillfreundlich (z.B. mit einer Sonde an der Brust) erfolgen.
Der Besuch eines Stillvorbereitungskurses oder ein Termin bei einer Stillberaterin/Hebamme in der Schwangerschaft ist empfehlenswert.
Ist es normal, dass mein Baby keinen Stillrhythmus hat?
Stillen nach einem fixen Zeitplan entspricht nicht den Bedürfnissen eines Babys – Babys zeigen selbst, wann sie gestillt werden möchten. Diese Stillzeichen (früher Hungerzeichen) sind z.B. Hin- und Herdrehen des Köpfchens, Schmatzen, Herausstrecken der Zunge oder Sauggeräusche.
Manchmal liegt zwischen den Stillmahlzeiten eine Pause von 2-3 Stunden, und manchmal sind es 4 Stillmahlzeiten binnen 2 Stunden – dies ist völlig normal. Insgesamt sollte ein Baby in den ersten Lebenswochen auf 10 bis 12 Stillmahlzeiten in 24 Stunden kommen.
Woher weiß ich, dass mein Baby genug Milch bekommt?
Junge Eltern sind oftmals sehr besorgt, ob ihr Kind denn auch ausreichen Milch erwischt. Wenn ein Baby effektiv an der Brust saugt, deutliches Schlucken zu hören ist und sich die Brust nach dem Stillen weicher anfühlt als zuvor, kann von einer guten Stillmahlzeit ausgegangen werden.
Auch an den Ausscheidungen lässt sich der Stillerfolg festmachen: ab dem 4. Lebenstag sollte der Stuhl des Kindes eine gelbliche Farbe annehmen. Neben 5-7 nassen Windeln in 24 Stunden sollten auch 3-4 Stuhlwindeln im gleichen Zeitraum zu wechseln sein.
Nach 4-6 Wochen kann die Stuhlfrequenz bei vollgestillten Kindern abnehmen, die Menge an nassen Windeln soll aber gleichbleiben.
Um auf Nummer sicher zu gehen, wird in den ersten Lebenswochen bei den Hebammenvisiten regelmäßig das Gewicht des Babys kontrolliert. Ab dem 10. Lebenstag soll das Geburtsgewicht wieder erreicht sein und die Gewichtszunahme mindestens 170g pro Woche betragen. Mit 3-4 Monaten sollte ein Baby das Geburtsgewicht verdoppelt, zum ersten Geburtstag verdreifacht haben.
Stimmt es, dass Stillen in den ersten Wochen weh tut?
Kurz: Nein.
Zu Beginn kann es sehr ungewohnt sein, wenn ein Baby an der Brust saugt – bereits in der Schwangerschaft trainieren Babys das Trinken und haben entsprechend einen „guten Zug“. Viele Mütter beschreiben ein prickelndes Gefühl in den ersten 20-30 Sekunden nach dem Beginn der Stillmahlzeit. Dieser „Ansaugschmerz“ lässt aber schnell nach und fast alle Frauen verspüren dieses Gefühl nach einigen Wochen nicht mehr.
Verspürt eine Frau während der ganzen Stillmahlzeit und/oder danach Schmerzen, muss nach deren Ursache geforscht werden. Sehr häufig stehen die Schmerzen mit einer falschen Anlegetechnik in Zusammenhang. Manchmal sind auch anatomische Besonderheiten beim Baby der Grund, warum das Stillen schmerzhaft ist – z.B. ein zu straffes Zungenband oder ein Spannungsthema im Nacken-/Kieferbereich des Kindes. Wenn eine Mutter Schmerzen beim Stillen hat, soll sie sich immer Unterstützung (Pflegepersonal auf der Wochenbettstation, Hebamme, Stillberaterin) suchen.
Wie lange soll ich mein Kind stillen?
Laut WHO gilt die Empfehlung für ausschließliches Stillen in den ersten 6 Lebensmonaten und ein anschließenden Weiterstillen parallel zur Beikosteinführung bis in das 2.Lebensjahr des Kindes bzw. darüber hinaus – solange es Mutter und Kind wünschen.
In den ersten 6 Lebensmonaten kann ein Baby mit ausschließlichem Stillen seinen Bedarf an Nahrung und Flüssigkeit perfekt abdecken. Eine zusätzliche Gabe von Wasser, Tee oder Säften ist nicht nötig und kann das Kind sogar gefährden. Mit etwa einem halben Jahr sollte dann (je nach Reifzeichen des Babys) mit der Beikosteinführung begonnen werden, wobei auch dann Muttermilch noch das Hauptnahrungsmittel bleibt.
Was ist der Vorteil vom Stillen für das Baby?
Alle Nährstoffe, die das Kind zum Gedeihen braucht, sind in der Muttermilch in leicht verdaulicher Weise vorhanden, das Saugen an der Brust ist für die spätere Sprachentwicklung von Vorteil und der viele Körperkontakt stärkt die Bindung. Weiters sind gestillte Kinder besser vor Infektionskrankheiten geschützt und haben ein geringeres Risiko für Allergien, Asthma, Diabetes, Übergewicht oder Krebserkrankungen.
Aber auch Mütter profitieren immens vom Stillen: die Gebärmutter bildet sich schneller zurück, was den Blutverlust nach der Geburt reduziert. Das Risiko für Brust- oder Eierstockkrebs wird gesenkt und das Risiko für Diabetes im Alter und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sinkt.
Zusätzlich wirken die Stillhormone beruhigend und entspannend, was den anstrengenden Baby-Alltag erleichtert.
